Norbert Hendricks:Geduld haben oder "Zeit ist Geld"

In einer alten Geschichte aus China heißt es: Ein Bauer hatte seinen Acker gut bestellt. Plötzlich konnte er nicht mehr schlafen. Denn in ihm wuchs die Angst, die Saat würde nicht aufgehen. So lief er zu seinem Feld und zupfte an den zarten Hälmchen und zog sie alle ein wenig höher. "Ich habe meinem Korn beim Wachsen nachgeholfen", sagte er fröhlich zu seinem Nachbarn. Neugierig liefen sie alle zum Feld. Doch alles, was sie sahen, war verdorrt und lag im Sterben.
Jetzt kann man über das Verhalten des Bauern lächeln. Aber es stellt sich auch die Frage: Wie sieht es mit unserer Geduld aus? Wenn wir z. B. auf eine Nachricht oder auf eine wichtige Antwort warten. Da wächst schon mal die Unruhe. Da gibt es viele weitere Beispiele.
Die Generationen vor uns haben sich vielleicht noch leichter getan. Die kannten noch nicht das Schlagwort "Zeit ist Geld", volle Terminkalender, die verschiedenen neuen Medien, von denen unser Leben bestimmt wird. Seit Wochen stehen schon die Nikoläuse und der Lebkuchen in den Läden.
Die Zeit gerät außer Takt. Es wird uns schwer gemacht, Geduld zu üben. Warum sollen wir warten?
Werden oder sind wir wirklich glücklicher, wenn wir die Zeit des Wachsens und Reifens, des Wartens und der Vorfreude überspringen? Manches wird unreif und auch belanglos bleiben. Unsere Freude, menschliche Begegnung.
Wirkliches Leben braucht Zeit.
Im Jakobusbrief lesen wir: "Auch der Bauer wartet auf die wertvolle Frucht der Erde, er wartet geduldig, bis im Frühjahr und im Herbst Regen fällt." Im Buch Kohelet heißt es: "Alles hat seine Stunde, Pflanzen und Ernten hat seine Zeit."
Als Christen dürfen wir den Mut haben, gelassen zu sein. Vielleicht tut es gut, in unserer hektischen Zeit und Welt diese Gelassenheit wieder etwas einzuüben. Das würde uns sicher gut tun.
Norbert Hendricks UAC, Diakon in der Pfarrei Großmaischeid-Isenburg St. Maria Magdalena